Archiv der Kategorie: Marokko

Wüste Wüste

Nach einem wunderbaren Frühstück auf der sonnigen Terrasse mit Blick über die Oase, machten wir uns auf den Weg durch die Ebene zwischen Antiatlas und Jebel Bani zu fahren. Da diese Gegend sehr dünn besiedelt ist, wollten wir sicherheitshalber trotz mehr als halbvollen Tanks noch etwas Sprit nachlegen. Doch kaum waren 0,88 Liter im Tank, streikten die Zapfsäulen wegen eines Stromausfalls in der ganzen Stadt. Nach einer viertelstündigen Wartezeit entschieden wir uns dafür, auf die nächste kleine Stadt Foum Zguid zu vertrauen.

CIMG6122Nach einer einstündigen Fahrt durchs Nirwana fanden wir tatsächlich eine funktionierende Tanke sowie die hilfreiche Information, dass die in der Karte eingezeichnete Piste mittlerweile zu einer asphaltierten Straße ausgebaut ist, was uns geschätzte 100 km Weg ersparte. Und so fuhren wir weiter durch die erstaunlich grüne Ebene und erfreuten uns an verschiedenfarbigen Blümchen, deren Namen wir mal wieder nicht kennen. Am Rande der unglaublich breiten Wadis (Trockenflusstälern) hatten Nomaden ihre Zelte aufgeschlagen und ihre Ziegen- und Kamelherden weideten am frischen Grün.

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CIMG6117Am späten Mittag erreichten wir Zagora und wie es sich für einen Freitag in Marokko gehört, speisten wir Couscous. Dann machten wir uns auf die Suche nach dem berühmten Schild für Transsahara-Karawanen, dass von Zagora bis Timbuktu noch 52 Tage vor ihnen lagen. Da keine von uns so viel Urlaub hat, verzichteten wir auf diesen kleinen Abstecher.

CIMG6124Stattdessen checkten wir in unserem idyllischen Riad ein – eine Oase in der Oase.

Im südlich benachbarten Dorf Tamegroute besuchten wir die berühmte Wallfahrtsstätte um das Grab des Gründers einer Bruderschaft islamischer Mystiker (Sufis), zu der eine einzigartige Bibliothek und eine Koranhochschule gehören. Außerdem pilgern die Marokkaner zum Grab dieses Marabouts, weil sie sich Heilung und andere Wunder versprechen.

CIMG6129Da schon im 17. Jh. Töpfer aus Fes diese Wallfahrt machten und sich dauerhaft niederließen, entwickelte sich Tamegroute zu einem Zentrum für Töpferei. Berühmt sind vor allem ihre grün glasierten Tonwaren.

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Herr Konfuze – orientalischen Träumereien erlegen – fabuliert: „Als Pascha mag ich es mich auszuruh‘n, die Arbeit lass ich andre tun.“

Wo Falten richtig gut aussehen

Bei strahlendem Sonnenschein spazierten wir zu einem traditionellen Lehmhaus im Berberdorf Oumesnat. Mustapha brachte uns das Knacken von Arganienfrüchten bei, führte und in das traditionelle Leben in einer Berberfamilie ein und bereitete für uns eine Teezeremonie zu.

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IMG_0392 IMG_0401Wir ergriffen die Flucht bevor die herannahende Studiosus-Gruppe einfiel und machten uns auf den Weg, den Antiatlas zu überqueren.

Auf dem ersten Teilstück hielten uns immer wieder Baufahrzeuge und Schlaglöcher auf, so dass unsere durchschnittliche Reisegeschwindigkeit bei 20-30 km/h lag. Kurz vor Igherm wurde die Straße dann deutlich besser und die Landschaft immer abwechslungsreicher. Fast wie im Lehrbuch für Geologie waren die Gesteinsschichten mal längs, mal quer und mal im Zickzack in Falten gelegt.

IMG_0417Auf den Feldern arbeiteten die Frauen in traditionellen Gewändern, sammelten Arnika und holten Wasser mit dem Esel – oft Kilometer weit von ihren Dörfern entfernt. Unsere Reisegeschwindigkeit stieg rapide an, wurde nur durch viele Fotostopps immer wieder reduziert.

IMG_0438Am Nachmittag erreichten wir die Oasenstadt Tata – nicht zu verwechseln mit der indischen Bahn – tataaaa! Wir quartierten uns in einer alten Kasbah – einer Stammesführer-Residenz – hoch über den Wipfeln der Palmen ein. Auf der Terrasse genossen wir Sonne, Wärme und ein erstes marokkanisches Bier der Marke Casablanca. Süffig lecker!

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Herr Konfuze verbeugt sich in bester asiatischer Manier mit einer 3/8-Verneigung und deklamiert: „Wer beim Anblick von Bommeln den Kopf verneigt, dem öffnen sich alle Türen.“

Auf verschlungenen Pfaden zu den Ammeln

IMG_0350Kurz nach der Abfahrt tauchten schon die ersten Fotomotive auf: Schafe und Ziegen für Sanne, schneebedeckte Atlasgipfel für Heike und an den zinnenbekrönten Stadtmauern erfreuten wir uns beide.

IMG_0335Nach dem Motto der Weg ist das Ziel, machten wir uns auf die Suche nach dem angeblich gut erhaltenen Getreidespeicher (Agadir) von Innoumar. Leider geizen die Marokkaner mit Straßenschildern an strategisch wichtigen Stellen, so dass wir erst nach dreimaligem Nachfragen und einigen Umwegen auf der richtigen Piste landeten. Diese jedoch wurde zunehmend unwegsamer.

Nachdem uns zunächst in einem Dorf ein wild kläffender Hund den Weg versperren wollte, endete unsere Suche schließlich dort, wo die Betonpiste in eine zerklüftete und deformierte Lehmpiste überging. Da die Straße auch zum Wenden in dreißig Züge zu schmal war, blieb nur noch eins: rückwärts zurück zum Hund…

Schließlich machten wir uns auf den Weg in den Antiatlas hinein. Doch schon wartete die nächste unvorhergesehene Abweichung der geplanten Route. Dank einer Umleitung fuhren wir auf – selbstredend unbeschilderten – Straßen über uns noch immer namentlich unbekannte Dörfer. Die Landschaft entpuppte sich aber als ausgesprochen sehenswert. Unzählige Arganien, Euphorbien, Mandelbäumchen und bunter – mangels botanischer Kenntnisse Getöns genannte – Pflanzen. Besonders fotogen präsentierte sich auf einem Hügel der Agadir Souk el-Khemis-des-Ida-Ougnidif.

IMG_0350Kurz danach fanden wir dann auch endlich ein Restaurant, um unsere immer lauter knurrenden Mägen zu besänftigen. Schließlich erreichten wir das Tal der Ammeln und fuhren dann in den Hauptort dieses Berberstammes, Tafraoute. Bizarre Felsformationen wie der Napoleonshut oder die blauen Steine, die der belgische Künstler Vérame in den 80-er Jahren anpinselte, erinnern an ein Billardspiel von Riesen.

IMG_0375Herr Konfuze bibbert vor blauem Himmel: „Wer kein marokkanisches Hündisch versteht, lernt rückwärtsfahren.“

Ein Test der besonderen Art

Wolkenbruch in Marrakesch dennoch gelang es un in einer Regenpause unsere Gepäck zu verladen. Kurs auf den hohen Atlas. Ab Tahanout ging es langsam bergauf – leider nicht mit dem Wetter. Kurviges Straßen, kleine Dörfer aus Lehmbauten an den Hängen … schließlich erreichen wir bei Sonnenschein Tinmal, die Wiege der Almohaden, die ab dem 12. Jahrhundert Marokko beherrschten. Wir besichtigten Ihre erste Moschee nach deren Vorbild alle marokkanischen Moscheen gebaut wurden.

IMG_0284Nach einer mittäglichen Stärkung mit einer Tajine nehmen wir die verbleibenden 35 km mit 400 Höhenmetern in Angriff. Die Straße auf den Tizi’n‘Test wird kurviger und der Straßenbelag spärlicher. An der Schneegrenze Überqueren wir den 2092m hohen Pass.

IMG_0277Dahinter können wir weit in die Souss-Ebene und den gegenüber liegenden Anti-Atlas blicken.
Sanne lernt die ersten Arganienbäume kennen, die nur im Südwesten heimisch sind.

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Am Fuße des Atlas des Kontrastprogramm – schnurgerade Straßen. Taroudannt ist noch immer von mächtigen Stadtmauern umschlossen, wir bummeln durch die Altstadt und trinken einen frisch gepressten Orangensaft. Denn immerhin ist die Souss-Ebene berühmt für ihre Orangenplantagen.

IMG_0341Etwa 10 km außerhalb der Stadt liegt unser Riad mit viel berberischer Einrichtung und Dekoration.
Herr Konfuze noch ganz berauscht vom gestrigen Abend: „Wer versucht Schlangen zu beschwören wird auf Schlangenlinien im Orangenhain enden“

Schlammpackung im hohen Atlas

Nachdem wir morgens den Mietwagen übernommen hatten, fuhren wir gen Ourika. Auf der Suche nach einem Aromagarten mit typisch marrokanischen Kräutern landeten wir im ‚Safran-Paradies‘. Als die Tafel am Eingang einen Barfußpfad versprach, entschieden wir uns zur prompten Umkehr – wer will schon bei 10Grad durch die Pampe, die durch die heftigen Regenfälle in der Nacht entstanden war, schlappen…

CIMG5777Stattdessen ‚rasten‘ wir mit unserem kleinen Flitzer (Peugeot 206) namens Abdallah über die neue Grand Prix Rennstrecke in die Stadt zurück.

Die französische Neustadt stand am Nachmittag auf unserem Entdeckungsprogramm.  Und Abends: Der zweite Versuch die Wasserverkäufer, Schlangenbeschwörer, Märchenerzähler und Gnoua Tänzer trocken bei der Arbeit zu erleben. Versuch geglückt.

IMG_0215 IMG_0219 IMG_0221 IMG_0259Herr Konfuze sitzt mit seiner neuerworbenen Tröte auf dem Körbchen mit der Kobra und jammert: „Liebe Schlange bleibt doch drinn, weil ich sonst Angst und Bange bin.“