Wir starteten rund in den Tag, d.h. gefühlte 20 Mal umrundeten wir den Republikplatz und erfuhren dabei alles Wissenwerte über die Stadtgeschichte und die umliegenden Bauwerke. Milena und Tigran zeigten uns dann auf einer echten Stadtrundfahrt das Parlament, das Botschaftsviertel, die Universitäten und natürlich Radio Yerewan. Dank der hervorragenden Kontakt von Herrn Konfuzian wurde wir in die heiligen Hallen geführt.
Auf den Haghthanak Hügel hält die „Mutter Armeniens“ an Stelle Stalins die Wacht über die Stadt. Wir erblickten von hieraus zum ersten Mal den heiligen Berg der Armenier: den Ararat. Allerding war er wegen des Dunstes eher zu erahnen als zu sehen. Highlight des Vormittags war der Besucht Matenadaran – wörtlich: Bibliothek – einem Museum und Forschungszentrum für alte Handschriften. Am Eingang begrüßt uns Mesrop Maschtots, der Erfinder der armensichen Schrift, im Jahre 405 den Besucher. In den Vitrinen sind erlesene Pergamente mit hervorragenden Miniaturen und Buchmalereien im exzellenten Erhaltungszustand ausgestellt. Außerdem kostbare Einbände mit Elfenbeinschnitzereien und Silberziseluren. Die sehr engagiert und passionierte Führerin des Museums zeigte uns außerdem mit welchen Pigmenten (Lapislazuli, Karminschildläuse z.B. ) die Farben hergestellt wurden und wie mit Knoblauchsaft das Blattgold aufgelegt wurde.
Danach ging es zu Cascade und nach einer Kaffeepause erklommen wir das 100m hohe Monument – per Rolltreppe 🙂 – auf den diversen Absätzen ist moderne Skulptur- und Designkunst ausgestellt, vom Dali bis Pompom. Oben angekommen liegt uns Yerewan zu Füßen und die Villa des berühmtestens Exil-Armeniers Charles Aznavour zur rechten Seite. Am Nachmittag legten wir einen kleinen Stop an der einzigen erhaltenen Moschee Armeniens ein.
Auf dem Kond-Hügel stand das nächste Museum auf dem Programm. Für den 1924 in Tiblisi geborenen Filmemacher und Exzentriker Sergei Paradschanov wollte man ein Wohnhaus errichten, das er aber nie beziehen konnte. So wurde nach seinem Tod 1990 eine Kultstätte für seine Jünger und Bewunderer daraus. „Seine methaphorisch, oft melancholische Bildsprache läßt kaum die Sehnsucht Paradschanows nach Anerkennung, Menschlichkeit und Verständnis erahnen, auch wenn seine Filme seltsam betroffen und nachdenklich machen.“ Zitat aus dem Reiseführer Trescher-Verlag Armenien 2014. Uns machten seine text- und drehbuchlosen Filme, seine selbstverliebten Kollagen und bemüht orginellen Kritzeleien nur deutlich, dass ein narzistisch veranlagter Egomane über immerhin soviel Charm verfügt haben muss, eine kritiklose Gefolgschaft zu verführen. Uns fällt dazu nur eines ein: HURZ.
Weiter ging es auf dem Gemüse und Lebensmittelmarkt. Alle Arten von getrockneten heimischen Früchten waren dort appetitlich präsentiert – wir naschten uns durch Aprikosen, Zwetschgen, aber auch Käse, getrocknetes Fleisch und eingelegtes Gemüse.
Nachdem wir nun auch endlich die Zeitumstellung überwunden haben (2 Stunden), stürtzen wir uns ins Yerewaner Nachleben. Auf dem Republikplatz finden jeden Abend Wasserspiele, untermalt von Musik, statt. Eineinhalb Stunden lang genossen wir den lauen Spätsommerabend und das pulsierende Leben.
Frage an Herrn Konfuzian: Gefällt es Ihnen an Ihrer neuen Wirkungsstätte?
Im Prinzip ja, wenn ich nicht den halben Tag darauf verwenden müsste den Weg durch den Hinterhof ins Studio zu finden.