Kaffeekrise im Kaukasus

Schwer gebeugt sind wir in diesen Tag gestartet, und weil brettharte Matratzen und Schnupfen noch nicht genug sind, erwartete uns ein wahres Frühstücksfiasko. Ein abgefressenes, liebloses Buffet und KEIN Kaffee! Ein altersschwacher Kaffeeautomat an einer Tankstelle rettete den Tag und gab genügend Energie, damit wir die 200 Stufen zum Kloster Sewan schafften. Besonderes Schmuckstück war ein Kreuzstein im Inneren, auf dem Christus als Mongole mit Schlitzaugen und Zöpfen dargestellt wurde. Für alle älteren Leser und Bonanza-Fans: sah aus wie Hop-Sing.

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Wir fuhren entlang des Sees, weiterhin auf der Seidenstraße, durch die karge, aber reizvolle Steppenlandschaft. Durch einen 2,5 km langen Tunnel fuhren wir auf die andere Seite des Berges und die Landschaft änderte sich schlagartig. Üppige, grüne Wälder in der „armenischen Schweiz“ begleiteten uns auf dem Weg nach Dilijan. Da, wo Steinhäuser mit schönen Holzschnitzereien an den Giebeln und Balkonen die eigentliche Attraktion sein könnten, versucht man stattdessen durch den Bau einer modernen Internationalen Schule und der Verlegung der armenischen Zentralbank hierher, den Tourismus anzukurbeln. Das verstehe, wer mag… – armenisch eben.

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Am Straßenrand beobachteten wir Mitglieder einer russisch-stämmigen Minderheit bei ihrer harten Arbeit auf dem Feld, bekannt sind sie für ihre Kohlkreationen. Mittags erreichten wir Gyumri und fuhren auf abenteuerlichen Wegen zu einem Restaurant, das auf den ersten Blick aussah wie eine Kiesgrube, sich auf den zweiten Blick als Fischfarm entpuppte. Nach Stör-Sushi und Kaviar gab es gegrillten Stör… es muss nicht immer Kaviar sein… aber manchmal eben doch!

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Auf wiederum abenteuerlichen Wegen – mehr Schlaglöcher als Asphalt – sollte es nach Marmaschen gehen. Die Odyssee endete im dritten Versuch doch tatsächlich am Kloster. Filigrane Ornamente und Blendarkaden machten die Kathogike besonders attraktiv. Scheinbar auch für Backgammon-Spieler, die im ehemaligen Gawit der Hauptkirche eifrig ins Spiel versunken waren. Gestört werden sie hier ja auch nicht durch aufdringliche Reisegruppe – den Schlaglöchern sei Dank.

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Dann ging es zurück nach Gyumri. Wir bummelten durch das Zentrum und die Altstadt, respektive das, was nach dem Erdbeben von 1988 noch davon übrig blieb. Erstaunlich, dass man in den letzten 26 Jahren noch nicht auf die Idee kam, den Schutt zum Auffüllen der weitverbreiteten Schlaglöcher zu benutzen. Und das, wo doch die Armenier so vieles erfunden haben. Letztes Tagesziel: der Lebensmittelmarkt, auf dem alles angeboten wird, was das Herz begehrt: Berge von Melonen und Weintrauben, saftige Pfirsiche, Walderdbeeren, den für die Stadt typischen Fadenkäse und Kaffee in allen erdenklichen Variationen…

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In unserem Hotel für die heutige Nacht, dem Berlin Art Hotel, wurden wir exzellent und exklusiv bekocht. Unser Tisch wurde als Installation, Rosen und Kerzen inklusive, Teil der Ausstellung von abstrakten Bildern und Wandteppichen. Und wir zum bestaunten lebenden Kunstwerk.

Konfuze, gefangen in seiner G-Phase, grübelt: „Geschummelt beim Glücksspiel, gemogelt in Gawits? So grummelt’s in Gyumri mit Gedonner und Geblitz. Gar grausig gefallen durch Gewitter die Grade, doch gemütlich gebettet in gedieg‘nem Gemache. Geruhsam genießen geschätzte Gefährten, die Gedanken, den Geist, Genie von Gelehrten. Genug von Gesülze und gewolltem Gereim, Gemüter geneset, gleich geschafft ist die Pein.“

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