Archiv für den Monat: September 2011

17.09.2011 Geisterbeschwörung mit Kosakenzipfel

Tag drei in Leh empfing uns mit blauem Himmel und Sonnenschein. Auf ging es nach Stok. Hier hat sich ab 1825 der ladakhische König Tschepal Namgyal niedergelassen, seine Nachfahren, eine Prinzessin und zwei Prinzen, leben bis heute auf dieser Burg. In einigen Räumen befindet sich ein Museum und auch ein kleines Rotmützenkloster ist angeschlossen.

Wir durften der Morgenzeremonie beiwohnen, bei der drei Mönche und ein Novize ihr Gebetsritual abhielten. Dabei spielten hunderte, aus Butter geformte braune, konische Häufchen mit himbeerrotem Klecks auf der Spitze, die Hauptrolle. Unsere erste Assoziation war sogleich: Loriots Kosakenzipfel!

Als auch noch im Verlauf der Zeremonie die Mönche rote Kappen aufsetzten, wirkte dies auf uns sehr mystisch und eher wie eine Geisteraustreibung.

Als nächstes besuchten wir Matho, das einzige Sakyapa-Rotmützenkloster (dritter und letzter Orden). Besonderheit dieses Ordens, dass alljährlich Anfang des Jahres ein Orakel die Zukunft vorhersagt. Nach längerer Meditation und Tanzerei folgt dann der Orakelspruch: seine Trefferquote soll relativ hoch sein (kein Wunder bei dem Hut!). Da gerade Mittagsessenszeit war, durften wir still in einer Ecke sitzen und bekamen je einen Becher Buttertee gereicht, d.h. Sanne 2, Heike 0! – etwas gewöhnungsbedürftig das Gebräu!

Dank vieler Spenden wird seit einem Jahr an einem neuen Anbau gearbeitet, dessen Innenräume von Kunsthandwerkern aus dem Bhutan ausgestaltet werden. Wir konnten dabei zusehen wie aus kleinen Lehmkügelchen kunstvolle Dekorationen und Ranken geschaffen wurden. Zum Thema Aussicht von hier oben gibt es nur ein Wort: wow!

Das Kloster Tikse liegt auf einem steilen Felssporn, an dessen Hängen die unzähligen Häuschen der Lamas vermuten lassen, dass es sich um ein grosses und reiches Kloster handelt. Die hier lebenden Gelbmützen (Gelugpas) gelten als besonders geschäftstüchtig und betreiben viele unterschiedliche Unternehmen im Industal. Unter anderem ein eigenes Klosterrestaurant, dort aßen wir zu Mittag.

Frisch gestärkt ging es die vielen Stufen nach oben, neben dem Hauptversammlungsraum mit seinen rauchgeschwärzten Holzbalken und Wandmalereien lag ein besonders dunkler, magischer Raum, in dem die Schutzgötter verehrt werden, die so mächtig sind, dass die Gesichter verhängt werden und der Besuch dieser erst wenige Jahre möglich ist.

Zwischendurch gab uns Lobzang auch noch praktische Haushaltstipps und erklärte wie Mönche gleichzeitig meditieren und Boden bohnern können… Abschließend ein Gesundheitscheck beim tibetischen Klosterarzt – Alles bestens!

Letzter Besichtigungspunkt des Tages war Shey. Hier stand der erste Königspalast, der heute nur noch eine malerische Ruine ist. Noch voll intakt ist ein weiteres Gelbmützenkloster mit einem 8 m grossen, sitzenden Buddha. Nach so viel Kultur machten wir einen Schaufensterbummel in Leh, nur schauen, (noch) nix kaufen.

Konfuze orakelt: “ Wo Butter Tee verfettet, machen Klopfers Köttel Lippen zart.“

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16.09.2011 Alles in Butter!

Nach einer regnerischen, stürmischen Nacht starteten wir mit unserem Guide den zweiten Tag unserer Klosterttour in Ladakh. Durch’s Industal ging es nach Osten nach Trakthok, einem Rotmützenkloster, der ältesten lamaistischen Sekte, den Nyingmapa. Dies ist die einzige Niederlassung dieses Ordens in ganz Ladakh. Der Kern des Klosters besteht aus einer Meditationshöhle aus dem 8. Jh., in der man seine Spende mit Butter an die Decke pappt. Es hält!

Ein weiteres Rotmützenkloster besuchten wir in Chemre. Hier ist die Kargyüpa-Sekte auf einem steilen Felsstock beheimatet. Auch hier alles in Butter, vor allem die kunstvoll gestalteten Votivtafeln.

Kurze Anmerkung: jede Klosterbesichtigung entspricht einer Trainingseinheit in Treppensteigen und Schuhe aus- und anziehen.

Statt Veggie-Lunchbox gab es mittags für Heike endlich wieder Fleisch, genauer gesagt: ein mageres Hühnerbein!

Am Nachmittag besuchten wir eines der grössten und reichsten Klöster, Hemis. Ebenfalls ein Rotmützenkloster, diesmal von der dritten Schule, der Dukpa. Berühmt sind diese auch für ihre dämonenvertreibenden Maskentänze. Im oberen Haupttempel sitzt ein 5 m hoher Shakyamuni-Buddha aus vergoldetem Kupfer.

Auf dem Rückweg stoppten wir in Choglamsar, einem SOS-Kinderdorf mit angeschlossener tibetischer Schule. Anfangs leitete die älteste Schwester des Dalai Lama dieses Kinderdorf.

Konfuze züngelt bierselig: „Zugige Zeiten im Zelt zeitigen Heisswasserschauer unterm Holzdach.“

Teil 2 des Local-Beer-Tests: Tuborg made in India macht schon während des Trinkens Kopfschmerzen.

Wir verabschieden uns für die nächsten drei Tage ins entlegene Nubratal… Julee!

15.09.2011 Seine Heiligkeit wünschen Chips…

Die erste Überraschung des Tages ist unser Guide hier in Ladakh: Lobzang, ein waschechter Mönch und das sollte sich noch als grosser Vorteil erweisen…

Doch zunächst ging es ins Zentrum von Leh, wo wir durch die Hauptmarktstrasse bummelten und schliesslich auf dem Polo-Gelände endeten, wo heute der letzte Tag des Ladakh-Festivals stattfand. Trachten aus allen Teilen Ladakhs waren hier vertreten und wir konnten diese ausführlich bestaunen. Nachdem sämtliche Honoratioren stundenlange Reden hielten in einer uns unverständlichen Sprache (Hindi? Ladakhi? Tibetisch?) zeigten die Buntgewandeten Tänze aus der jeweiligen Region. Dazu Bogenschützen, die aussahen wie die Reinkarnation Dschingis Khans.

Weiter ging es zu unserem ersten lamaistischen Kloster Phiyang. Hier treffen wir zur Mittagszeit ein – bei Regen; was die Klosterschüler dazu veranlasste dicht gedrängt unter einer Holzkiste sitzend ihr Mittagessen zu sich zu nehmen. Nach dem Besuch des Klosters zog der Himmel auf und bescherte uns einen sonnigen Aufenthalt im nachfolgenden Kloster Spituk. Hier gerieten wir in eine Zeremonie der Mönche, bei der wir dank unseres Guides teilnehmen durften. Dabei beehrte seine Heiligkeit, der Oberlama, mit seiner Anwesenheit. Der Hauptlama des Klosters ist ein kleiner, süßer fünfjähriger Junge, der nach langer, aufwändiger Suche, mit Hilfe des Dalai Lama als Reinkarnation des seit drei Jahren verstorbenen Oberlamas gefunden wurde.

Reichlich gelangweilt saß er auf seinem Thron und zeigte nur Regung als zum Tee eine Tüte Chips serviert wurde, die er vorher geordert hatte. Trotz der andächtigen Stimmung konnten wir kaum an uns halten, ebenso herzhaft zu kichern wie unser Lobzang oder der Dalai Lama. Sicher nur wenigen gewährt: ein Besuch des privaten Zimmerchens des Oberlamas – kein Lego, kein Playmobil!

Wieder zurück in Leh besuchten wir das Kloster Sankar Gompa, eine Filiale von Spituk. Auf dem Thron stand deshalb das Foto eines kleinen Bekannten, nämlich des fünfjährigen Oberlama. Ein weiterer guter Bekannter, der Avalokiteshvara ( „der gütig Herabschauende“), mit seinen elf Köpfen und tausend Händen, war uns bereits in Dharamsala begegnet. Außer Gebetsmühlendrehen haben wir heute unser erstes Mantra gelernt: “ OM Mani Padme HUM“, das berühmte Anrufungsmantra im Lamaismus. Hätten wir das bereits in Dharamsala gekonnt, hätte es sicher auch mit dem Dalai Lama geklappt…

So mussten wir uns damit begnügen, neben diesem Kloster die Residenz des Oberlamas für ganz Ladakh, Kushok Bukula Rinpoche, zu sehen.

Konfuze hadert: “ Auch wer Mantras lernt, bleibt Vegetarier.“

PS: Die Linsenbilanz bis zum heutigen Tag: 10 !!!

14.09.2011 Einmal Hölle und zurück…

Start in den Tag bei Vollmond. Bereits um 4.45 h klingelt der Wecker, um 5.30 h ging es los. Immerhin standen drei hohe Pässe vor uns: der Nuchi La (4.900 m), der Lachalung La (5.065 m) und der Tanglang La (5.328 m). Da im August letzten Jahres ein furchtbares Unwetter über Ladakh hereingebrochen war, waren die Strassen in einem jämmerlichen Zustand, so dass die Fahrt zu einer höllischen Holpertour wurde, die uns bis an den Rand des Erträglichen brachte. Allerdings lohnten sich die Strapazen: wir waren von einer grandiosen Berglandschaft umgeben. Wir sahen grasende Steinböcke, die ersten Yaks, und können vermelden, dass die augenblickliche Schneefallgrenze bei 5.328 m liegt.

Nach der Steinwüste an Vormittag, fuhren wir nachmittags durch malerische Flussszenerien. Mit hunderten von Tschörten (weisse Stupas), Klöstern, die wie Adlerhorste auf Felsen kleben und typisch ladakhischen Bauernhäusern. Bei Upshi erreichten wir das Indus-Tal und folgten diesem bis Leh, unserem Basislager für die nächsten Tage. Hier auf „nur“ 3.500 m funktioniert das Gehirn fast wieder im Normalbetrieb. Nur schnelle Bewegungen und viele Stufen lassen uns noch japsen wie zwei alte Dampfloks.

Konfuze jubiliert: „Hast du die Höhengeister besiegt, kommen die Lebensgeister zurück.“

PS: Das gilt auch für’s Internet, nur Bilder lassen sich keine hochladen, folgen also später 🙂

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13.09.2011 Grau, rot, schwarz

Wir haben erfolgreich Teil 2 der Ausbildung zum Nebenerwerbsfakir absolviert: ein Amboss ist ein weiches Ruhekissen im Vergleich zu den indischen Betten.

Auch was den spektakulären Manali-Leh-Highway anbelangt, haben wir den zweiten Abschnitt problemlos hinter uns gebracht, und dabei den Baralacha La (4.980 m) passiert. Eine Schneeballschlacht auf dieser Höhe raubt uns im wahrsten Sinne des Wortes den Atem, gleiches gilt für die Landschaft. Ein wechselndes Farbenspiel in Grau, rot und schwarz – und das sind nur die Farben der Steine. Dazu uns unbekannte Pflanzen in einem leutenden Purpur. Es wirkt so, als wäre ein roter Teppich für uns ausgerollt.

Auf einer grau-grünen Hochebene stehen etwa 20 orangene Zelte in der windigen Ödnis: unser Camp für diese Nacht. Von innen Gott sei Dank nicht so spartanisch wie sie von außen wirken. Es gibt sogar eine eigene Toilette. Und wunderbare WÄRMFLASCHEN!!

Jetzt erst mal Schluss für heute, unsere Gehirnzellen schalten soeben aufgrund der Höhe (knapp über 4.000 m) auf Sparflamme.

Und auch Konfuze schnappatmet schwer: „Wer die Welt von oben sehen will, muss auf Luft verzichten.“